„Strom vor Ort sinnvoll nutzen, das ist gelebte Energiewende“: Kurz-Interview mit Josef Wagner, Geschäftsführer LEW Verteilnetz GmbH, dem Betreiber des regionalen Stromnetzes (Audio-Datei im Bereich Downloads verfügbar)
Was bedeutet die starke Einspeisung aus erneuerbaren Energien für den Netzbetrieb?
Es kommt immer öfter vor, dass die Anlagen zur Stromerzeugung aus erneuerbaren Energien in unserer Region mehr Strom produzieren als im Moment gebraucht wird. Vor allem die Photovoltaik trägt an sonnigen Tagen zur Mittagszeit zu solchen Stromüberschüssen bei. Den überschüssigen Strom speisen wir in das europäische Übertragungsnetz – Häufigkeit und Höhe der Leistung dieses Phänomens haben in den letzten Jahren stark zugenommen. Das Netz haben wir für diese Aufgabe gut aufgestellt – durch moderne Technik und mit hohen Investitionen in Höhe von rund 80 Millionen Euro jährlich. Alle ans Netz angeschlossenen Anlagen zur regenerativen Stromerzeugung können ihren Strom in das Netz mit voller Leistung einspeisen. Im täglichen Netzbetrieb steigen für uns die Anforderungen. So müssen wir bei Arbeiten im Netz genau und lange im Voraus berechnen, wann, wie und wie lange eine Leitung abgeschaltet werden kann, weil die Einspeisung der Erneuerbaren so hoch ist.
Wie wird sich das weiter entwickeln?
Bis 2050 sollen die erneuerbaren Energien in Deutschland zu 80 Prozent den Strombedarf decken. 2018 lag dieser Wert bei rund 38 Prozent. Das bedeutet, dass bei den erneuerbaren Energien in den kommenden Jahren noch deutlich zugebaut werden muss. Auch bei uns in der Region wird sich hier noch einiges tun – auch wenn wir im LEW-Netz vor allem durch Wasserkraft, Photovoltaik und Biomasse rechnerisch schon jetzt zu über 70 Prozent den Stromverbrauch aller angeschlossenen Netzkunden decken.
Ist also weiterer Netzausbau notwendig?
Das regionale Stromverteilnetz ist das Rückgrat der Energiewende. Diese Infrastruktur werden wir weiter mit hohen Investitionen ausbauen, modernisieren und mit neuer, digitaler und intelligenter Technik ausrüsten. Wichtig ist aber auch, dass wir den vor Ort erzeugten Strom noch stärker als bisher auch vor Ort verbrauchen.
Welche Ansätze gibt es hier?
Bei Wärme und Verkehr gibt es noch großen Nachholbedarf – elektrische Heizsysteme, Speichersysteme oder die Batterien von Elektroautos können einen wichtigen Beitrag dabei leisten, den dezentral erzeugten Strom auch vor Ort zu verbrauchen oder zu speichern. Für den einzelnen Haushalt können Batteriespeicher in Kombination mit einer Photovoltaikanlage sinnvoll sein. Auch intelligente Energiemanagementsystem unterstützen dabei – sowohl im Privathaushalt als auch bei Gewerbe und Industrie – den Verbrauch des vor Ort selbst erzeugten Stroms zu erhöhen und so zum regionalen Ausgleich beizutragen. Anwendungen auf dem Computer oder dem Tablet zeigen, wie viel Strom die PV-Anlage gerade erzeugt und wie viel der Haushalt selbst verbraucht. Auch das kann dabei helfen, den Verbrauch des selbst erzeugten Stroms zu erhöhen. Das ist gelebte Energiewende.